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Hands on: Kowa Prominar 8,5mm F2.8-BK

Japanisches Glas, die dritte.

„Aller guten Dinge sind drei“ – das muss wohl auch die Vorgabe von Kowa gewesen sein, als sie ihre neue Objektiv-Serie für MFT-Kameras konzipiert haben. Die Prominar-Familie umfasst derzeit drei Modelle, mit denen ich vor ein paar Wochen spazieren gegangen bin.

Bereits besprochen habe ich die Standard- und eine gemäßigte Weitwinkelfestbrennweite. Was noch fehlt, ist das in meinen Augen spannendste Objektiv – die starke Weitwinkelfestbrennweite. Die Berichte zu den anderen beiden Modellen sind unten verlinkt. Wer nicht nochmal reinschauen mag, hier der Hintergrund zu dem hierzulande noch etwas unbekannten Hersteller:

Kowa ist ein japanisches Unternehmen. Hierzulande praktisch unbekannt, aber eines von diesen Multikonzernen, die ihre Finger „überall“ drin haben: in der Medizin, Chemie, Kosmetik, Lebensmittel und … Optik. Letzteres übernimmt „Kowa Optimed“, das ist aber nur Teil der eigentlichen „Kowa Company Limited“, die bereits 1894 gegründet wurde. Optiken werden dort seit etwa 1946 gefertigt. Das Portfolio umfasst vorrangig Linsenkonstruktionen für bildverarbeitende Maschinen, Überwachungs- und Sicherheitskameras etwa an Grenzübergängen, aber auch Optiken für Fernsehproduktionen.

Insgesamt also nicht gerade ein Neuling auf dem Markt. Die Unternehmenserfahrungen sollen mit Produkten wie der Prominar-Serie auch Fotografen mit spiegellosen Systemkameras zugute kommen.

Diese Objektive kann man auch auf dem deutschen Markt bekommen. Und obwohl es sich um manuelle Optiken handelt, sind sie nicht gerade günstig, denn sie liegen bei rund 900 Euro pro Stück. Der Preis zumindest lässt demnach nicht auf billige Glasware schließen.

Die Familie

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Die Prominar-Familie besteht derzeit aus drei Modellen, die dank MFT-Anschluss mit Olympus- und Panasonic-Kameras verwendet werden können. Ich habe sie an der niedlichen Olympus OM-D E-M10 Mark II ausgeführt, die ich auch schon einmal einzeln im Hands on hatte.

  • Kowa Prominar 25mm F1.8-BK
  • Kowa Prominar 12mm F1.8-BK
  • Kowa Prominar 8,5mm F2.8-BK
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Die Bildwinkel aller drei Kowas im Vergleich. Links das 25mm, in der Mitte das 12mm und rechts das 8,5mm-Modell.

Eindruck

Das Äußere des 8,5-Millimeter-Prominars (im Bild oben ganz rechts) ähnelt weitgehend den Geschwistermodellen: Schwarzer, metall-lastiger Retro-Charakter mit sehr griffigen und prominent gestalteten Stellringen. Auch bei diesem Objektiv sind die Ringe relativ schwergängig, wobei der Fokusring etwas geschmeidiger und mit weniger Kraftaufwand läuft, als der Blendenring.

Die Maße entsprechen fast denen des 12er-Modells: etwa neun Zentimeter lang und sieben Zentimeter im Durchmesser. Es bringt aber 440 Gramm auf die Waage und ist im Frontbereich nocheinmal etwas weiter nach außen gezogen. Zusammen mit der großzügigen, tulpenförmigen Streulichtblende wirkt es schon relativ aufwendig und eindrucksvoll.

Eigenschaften

hands-on_kowa-prominar-8-5mm_001Auch beim Superweitwinkel verwendet Kowa eine ähnliche Linsenkonstruktion, die allerdings komplexer und höherwertiger ist. Im aktuellen Kowa finden insgesamt 17 Glaselemente platz, die in 14 Gruppen angeordnet sind. Zu den Sondergläsern gehört ein asphärisches Element, um geometrische Fehler auszugleichen und diesmal gleich zwei XD-Elemente, die Abbildungsfehler minimieren sollen.

Trotz der optischen Aufstockung wiegt es aber nur rund 20 Gramm mehr als das 12-Millimeter-Geschwisterchen.

Bei der Blendenkonstruktion gilt dasselbe wie bei den anderen Prominars. Sie ist mit neun Lamellen eine Standardkonstruktion, doch die Besonderheit der  „Dual Link Iris“ ist auch bei dieser Optik wieder mit am Start: Mittels eines winzigen und unauffälligen Druckschalters kann die Rasterung des Rings entsperrt und der Ring über die Skala hinaus gedreht werden. Auf der anderen Seite taucht dann eine weitere Skala auf – mit Blendenwerten in einer T-Angabe (also T1.9, usw.). Das sind Filmer gewohnt, deren Filmobjektive üblicherweise so beschriftet sind. In dieser Stellung fällt dann auch die Rasterung der Blendenschritte weg.

 

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Derselbe Hinweis zur Benutzung der anderen Prominars gilt natürlich auch beim 8,5er-Modell:

Das Kowa ist ein manuelles Objektiv. Wer es an einer CSC verwendet, muss erstmal kleine Hürden überwinden. Viele der Kameras wollen nicht auslösen, wenn sie kein Objektiv erkennen weil es keine elektronischen Kontakte besitzt. Den meisten Panasonics und Olympus‘ kann man das aber via Menü austreiben, indem man „Auslösen ohne Objektiv“ aktiviert. Darüber hinaus unterstützen sie manuelles Fokussieren mit Sucherlupe oder Fokus Peaking. Sie starten das aber beim Kowa nicht automatisch beim Verstellen des Objektivrings, da sie es ja nicht wissen können. Diese Funktion muss man sich also auf eine Taste legen, will man es nutzen. Das macht das Hantieren ein wenig unbequem (Meckern auf hohem Niveau) ist aber dennoch enorm hilfreich.

Performance

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Mir persönlich hat das Fotografieren mit dem 8,5-Millimeter-Objektiv (17 Millimeter entsprechend dem Kleinbildformat) von allen drei Modellen am meisten Spaß gemacht. Das ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass dies eine recht extreme und für mich ungewöhnliche Brennweite ist. Ist man die nicht gewohnt, muss man schon manchmal sehr aufpassen und die Bildkomposition auf jeden Fall neu durchdenken.

Das (manuelle) Fokussieren ist aufgrund der hohen Schärfentiefe nochmal deutlich einfacher als bei den anderen. „Irgendwie ist alles scharf“ und will man das Spiel mit Schärfe und Unschärfe provozieren, bieten sich einem interessante Möglichkeiten. Denn die Naheinstellgrenze des Objektivs liegt bei 20 Zentimetern.

Abzüglich der Gehäuselänge macht das etwa elf Zentimeter, die man an ein Motiv heran kann. Damit lassen sich schon ziemlich extreme Perspektiven realisieren.

Die aufgebohrte Linsenkonstruktion (und der damit verbundene höhere Preis) lohnen sich bei der Optik. Das Ding ist ziemlich scharf und liefert saubere, knackige Bilder. Das muss ich allerdings leider gleich mit zwei „Aber“ wieder einschränken.

Ziemlich heftig können Blendeffekte von schräg einfallendem Licht auftauchen. Das ist mir mehrmals passiert und es traten „Sonnenflecken“ in Farben und Varianten auf, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Ein bisschen wie auf einem LSD-Trip. Das ist relativ normal für eine so extreme Linse und fällt für gewöhnlich gar nicht so stark auf. Allerdings korrigieren Panasonic- und Olympus-Kameras diese Fehler sehr stark bei eigenen Objektiven, bei fremden aber gar nicht.

Der zweite Punkt ist die extreme Linsenkonstruktion, die knapp 90 Grad Bildwinkel abbilden kann. Sie provoziert Beugungseffekte und damit chromatische Aberrationen vor allem auf der Längsachse sowie eine zunehmend matschige Detailwiedergabe in den äußersten Ecken.

Fazit

Sicherlich: Man kann sich die Frage stellen, warum man für eine japanische und weitgehend unbekannte Festbrennweite knapp 1.200 Euro ausgeben sollte. Ja, keine Ahnung. :)

Vielleicht aus Mangel an Alternativen oder für den Look. Für sich genommen ist das Kowa bisher einzigartig und macht auf jeden Fall Spaß in der Benutzung. Das Prominar 8,5mm F2.8-BK ist nicht ganz billig, eröffnet aber spannende und extreme Sichtweisen.


Mehr!

  • Die Bilder oben kann man sich hier in Originalauflösung anschauen.
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