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Hands on: Canon EOS 5DS

Hands on zur aktuellen Megapixel-Königin: Die 5DS von Canon.

„Canon ist zurück im Spiel. Das Unternehmen hat es gewagt und sich mit einem Paukenschlag an die Spitze des DSLR-Pixelkriegs gesetzt. Dank einer Neuentwicklung und der schwindelerregend hochgejubelten Sensorauflösung auf rund 50 Megapixel glänzt Canon wieder mit einem Superlativ auf dem Kameramarkt.“

So oder so ähnlich hätte ich möglicherweise diesen Artikel vor zwei bis drei Jahren eingeleitet. Wie ich auch letzten Samstag an dieser Stelle schon schrieb: Als Nikon mit der D800 die Megapixel-Bombe platzen ließ, hätte bereits die 5DS auftauchen sollen und allen gezeigt, wo der Hammer hängt. So, wie es tatsächlich gelaufen ist und sie nun auf dem Markt wildert – nachdem die D810, die Pentax 645Z und die Sony A7R existieren – wirkt es auf die meisten Fotografen eher wie jemand, der auf einer Party die Luftschlange fliegen lässt, nachdem alle anderen schon heim sind.

Ihr merkt schon, meine Betrachtung ist eher nüchtern. Das will ich explizit nochmal aufgreifen und daran erinnern, dass dieser Artikel kein Test ist, sondern ein persönlicher Eindruck. Ich bin auch kein Canon-Fotograf; ich mag deren Kameras, aber ich werde mit ihnen einfach nicht warm. Wer als Canon-Insider aber Anmerkungen oder Korrekturen hat, bitte gern in die Kommentare damit!

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Vorbetrachtung

Also schön, was ist die 5DS eigentlich? Im Grunde scheint sie mir die verbitterte Antwort auf Nikons D800 zu sein….

hands-on_canon-5ds_slantWir befinden uns im März des Jahres 2012. Wie aus dem Nichts schlägt die D800 wie ein Komet mit Kanonrohr auf dem Planeten ein. Das Kanonenrohr ist ein CMOS-Sensor mit der damaligen Rekord-Auflösung von 36,3 Megapixel. Angefixt von dieser Auflösung brachte Nikon direkt ein Schwestermodell, bei dem der Tiefpassfilter fehlt: die D800E. Für das fehlende Teil bezahlte man ein paar Hunderter mehr, hatte jedoch auch die Chance auf maximale Bildauflösung. Als Nikon feststellte, dass die Gefahr der Moiré-Bildung extrem niedrig ist, lies man den vorsichtigen Schritt weg und brachte alle neuen Kameras ohne Tiefpassfilter.

Springen wir etwas mehr als drei Jahre in die Zukunft: Canon schubst die 5DS auf den Markt, nachdem über lange Zeit Gerüchte köchelten, dass auch Canon etwas hochauflösendsensoriges in der Mache hat. Und siehe da: Es ist eine umgebaute 5D Mark III, die einen neuen Spiegelkasten inklusive eines Sensors auf Steroide bekam. Sie klatscht Nikon knapp 50 Megapixel um die Ohren. Und weil man vorsichtig ist und nicht weiß, wie der Markt reagiert, bringt man noch ein Schwestermodell ohne Tiefpassfilter auf den Markt: die 5DS R. Ist ja nicht so, dass Nikon nicht drei Jahre lang bewiesen hat, dass es ohne den Filter geht…

Ich habe großen Respekt vor der Entwicklung solch leistungsstarker Kameras. Es müssen tierisch viele Hürden genommen werden, um so etwas auf die Beine zu stellen. Canon hat sogar den Spiegelkasten umgebaut, um Erschütterungen niedrig zu halten, die auf einem so dicht bepackten Sensor ein größeres Chaos anrichten als üblich. Die beiden kleinen Geschichten gerade zeigen aber auch deutlich, dass Canon schlichtweg zu spät dran ist und mit einer Kanone auf das Schlachtfeld kommt, auf die die meisten Fotografen keinen Bock mehr haben.

Mittelformat-Anwender sind diese Auflösungen und die damit verbundenen Speicher- und Bearbeitungsprobleme gewohnt. Alle anderen wissen fast gar nicht, was da auf sie zukommt, sollten sie die 5DS-Maximalauflösung und RAW-Formate nutzen. Bereits mein 1,5 Jahre alter Rechner zeigt mir einen Vogel, wenn ich versuche, vier der Canon-Bilder zu einem Panorama zu verarbeiten.

Eindruck

hands-on_canon-5ds_backAlso im Grunde hat sich Canon den Body der 5D Mark III geschnappt und ein bisschen umgebaut. Das betrifft aber praktisch nur die Innereien, äußerlich ähneln sich beide zum Verwechseln. Sprich: die 5DS hat ein massives DSLR-Gehäuse, das sich gut für massive Hände eignet.

Schleppt man üblicherweise kompaktere SLRs oder gar CSCs mit sich herum, ist man erstmal überrascht von den gewichtigen fast 900 Gramm und dem ausgeprägten Griffwulst. Beides lässt die Hand anfangs relativ schnell ermüden. In Verbindung mit einem schweren Zoomobjektiv bildet das keine Kombination, die sich für Schnappschusstouren eignet. Das ist aber in der ganzen Kameraklasse genauso und auch gar nicht gewollt. Hier ist Canon nur konsequent.

Ein weiterer Eindruck, der recht schnell auffällt: die neue Spiegelkonstruktion agiert auf Wunsch deutlich leiser als man es bisher gewohnt ist. Das saftige Canon-Klacken weicht einem gedämpften Rucken, wenn man den entsprechenden Modus einstellt. Finde ich aber gut, sogar bei meiner eigenen Nikon nutze ich immer wieder einmal den Modus „leises Auslösen“. Bei der Canon scheint das jedoch flotter zu gehen.

Viel mehr gibt es zum äußerlichen Eindruck gar nicht mehr zu erwähnen. Die Anschlüsse erscheinen mit HDMI-, Mikrofon und USB 3.0 vollständig, das Gehäuse ist zeitgemäß abgedichtet und ebenfalls trendgemäß darf die Kamera sowohl mit CF- als auch SD-Karten gefüttert werden.

Eigenschaften

Die Haupteigenschaft der Canon ist auch ihr Hauptmerkmal, ist ihr Hauptverkaufsargument, ist auch ihr interessantestes Detail: die Sensorauflösung. Mit 50,6 Megapixel bewegt sich das Ding unbestreitbar auf Mittelformat-Niveau und kuschelt sich zwischen die CMOS-Sensor-Modelle von Pentax, Phase One und Hasselblad. Das ist für eine DSLR zweifelsohne beeindruckend und darf man ihr auch nicht aberkennen.

Das Autofokussystem ist praktisch dasselbe wie das der Mark III und damit angenehm flott und nicht mehr so unsicher wie anno dazumal. Ganz nett finde ich, dass die mittenbetonte Messung nicht nur ein Feld anzeigt, sondern neun – damit agiert die Kamera also auch in diesem Modus noch ein wenig präziser als sonst.

Ebenfalls schick: das Menü ist ordentlich angewachsen und bietet eine Menge Einstellungen, wie ich es sonst fast nur von den verspielten Sony-Kameras gewohnt bin. Dadurch gewinnt das Quick-Menü mit den Haupteinstellungen enorm an Bedeutung – und lässt sich in der 5DS sogar individuell zusammen stellen. Sehr schön!

Meiner persönlichen Meinung nach hinken die Canon-Sensoren in Sachen Dynamikumfang und Rauschverhalten den Sony-Sensoren nach. Die neue Riesenauflösung der 5DS macht das nicht unbedingt besser. Zum Vergleich: Die 5D Mk III hat rund 24 Megapixel auf dem Vollformatsensor versammelt, jeder davon ist etwa 6,25 Micron groß. In der 5DS ist jeder Pixel auf nur noch 4,14 Micron geschrumpft. Er ist also weniger lichtempfindlich und dafür rauschanfälliger. Das ist keine Häme, sondern eine Tatsache. Und leider merkt man das den Bildern auch an.

Fotografiert man etwa mit ISO 640 und muss anschließend das Bild aufhellen, werden die Tiefen schon deutlich rau. Meiner Meinung nach ein deutlicher Hinweis, dass hohe Auflösung einfach nicht das qualitätsentscheidende Merkmal ist, als das es so lange Jahre gepflegt wurde. Nicht umsonst wurde der Standardbereich der Lichtempfindlichkeit bei ISO 6.400 abgeriegelt (und kann nur als Bonus auf 12.800 hochgesetzt werden). Sony packt im Gegenzug auf den Vollformatsensor der A7 „nur“ 12 Megapixel und erhält damit ein überragendes Rauschverhalten sowie Dynamikumfang.

Performance

Die Canon 5DS ist eigentlich eher eine Spezialistin wie auch die D800. Keine Allrounderin wie etwa die 5D MK III. Denn aufgrund der gewaltigen Auflösung, mit der sie zurecht kommen muss, muss sie auf die Sprint-Fähigkeiten verzichten, die Canon-Kameras eigentlich ganz gut beherrschen.

Entsprechend packt die 5DS „nur“ 5 Bilder pro Sekunde, was bei einer RAW-Größe von rund 60 MB und damit einer Datenschaufelei von etwa 300 MB pro Sekunde trotzdem beachtlich ist. Es weist die Kamera aber auch eher als Spezialisten aus, denn als Sport-taugliche Rennknipse. Klassengemäß kann sie aber trotzdem für High-Speed-Aufnahmen genutzt werden, denn die standardmäßigen 1/8.000 Sekunde Verschlusszeit beherrscht sie auch.

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Video spielt für die Canon nahezu keine Rolle. Hier bietet sie die absolute Grundausstattung von Full-HD-Auflösung und maximal 30 Vollbildern pro Sekunde. Dafür gibt es Zusatzgeschichten wie Intervall- und Zeitrafferaufnahmen, auf die man bei Canon lange verzichten musste.

Spätestens bei der Bedienung punktet die Kamera wieder, denn wie es sich für die Profi-Klasse gehört, lassen sich viele Knöpfe umbelegen und auch das Verarbeitungsverhalten anpassen.

 

Fazit

Sie kommt zu spät und setzt auf das falsche Pferd: Die Canon 5DS ist eine beeindruckende Kamera, die in den Augen vieler aber auch genauso langweilig ist. Canon-Fans lieben sie, denn – und das sei mir verziehen – sie unterstützt den Hang zum Penisneid eines Fotografen mit einem verdammt schlagenden Argument: dem 50-Megapixel-Sensor. Jenseits davon ist es eine ganz normale Kamera, deren Technik so langsam aber sicher vom CSC-Segment in den Staub getreten wird.

Wer die 5DS und 5DS R als Nachfolger der 5D Mark III sieht, ist auf dem Holzweg und sollte bloß nicht daran denken, umzusteigen. Die neue Kamera ist eine Spezialistin in Sachen Auflösung, das wars aber auch schon. Denn wer bei seiner Kamera auf Flexibilität, Mobilität und Allround-Fähigkeiten setzt, guckt mit den neuen weitgehend in die Röhre. Diese immense Auflösung ist immer wieder eine Herausforderung. Nicht nur an die eigenen fotografischen Fähigkeiten, auch an den Technik-Park drum herum. Denn wer der 5DS ein günstiges Zoomobjektiv vorsetzt, hat keine Ahnung, was er da in der Hand hat.

P.S. Viele der Testfotos sind mit dem EF 50mm f/1.8 II entstanden, das Canon der Kamera mitgegeben hatte. Meiner Meinung nach ein absoluter Witz in Verbindung mit dieser Kamera und bei Offenblende kaum zu gebrauchen. Habe ich dummerweise erst im Nachhinein bemerkt, sorry.

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Mehr!

  • Die Bilder oben kann man sich hier in Originalauflösung anschauen.
  • Weitere voll aufgelöste Bilder zu meinen Hands On-Berichten sind hier zu finden.
  • Mehr Hands on-Berichte selbst zu verschiedensten Kameras und Objektiven gibt es hier.
  • Ausgewählte Arbeiten im mworkz.portfolio

7 Gedanken zu „Hands on: Canon EOS 5DS“

  1. Guter Artikel. Trifft meine Meinung zum Großteil auf den Punkt. Die Kamera ist einfach viel zu speziell. Ich möchte anmerken das aus wissenschaftlicher Sicht, jede Auflösung höher als 24 Megapixel keine explizite Verbesserung der Schärfe mit sich bringt. Ein Weglassen bestimmter Filter und eine Optimierung der Sensorrchitektur ist da wichtiger als der reine Pixel-Pitch. Rechnerisch bewegt sich die Qualitätssteigerung im einstelligen Prozentbereich. Daher glaube ich das diese Kamera sich gezielt an Studiofotografen richtet und durch die schiere Megapixelzahl Eindruck schinden soll. Irgendwie gibt es für diese Kamera keine wirkliche Position auf dem Markt. Wenn Canon nicht so eine große Kundenbasis hat, wäre diese Kamera eine Totgeburt. Fotografen die das Geld haben, greifen zur Pentax und der Rest streitet sich über Canon-Look vs. Nikon-Look. Eigentlich ist diese Kamera nur ein Versuch Nikon zu zeigen das man mithalten kann. Nikon hat jedoch unglücklicherweise eine Kooperation mit Sony am laufen. Aus diesem Grund hat die Konkurrenz immer einen technischen Vorsprung. Wenn dann noch die APCS-Sensoren von Sony kommen, kann Canon was die Qualität angeht einpacken, zumindest aus kompetitiver Sicht.

    1. Hallo Pierre!

      Vielen Dank für deine Ausführungen, besonders den Hinweis auf die „Sinnhaftigkeit“ der Auflösung. Du hast im Grunde damit recht – im Mittelformatbereich haben sich diese Pixelmengen allerdings etabliert, weil diese Kameras vor allem für Arbeiten eingesetzt werden, die später äußerst großformatig gedruckt werden sollen. Oder aber weil sie vergrößert und/oder beschnitten werden. zum Beispiel Abbildungen in Katalogen. Davon abgesehen halte ich enorme Pixelmengen auch größtenteils für ein Verkaufsargument, sicher nicht allzu brauchbar für den normalen Consumer. Diese Ansicht habe ich schon immer vertreten und das, obwohl ich selbst eine D800 besitze.

      Tatsächlich kenne ich einen Fotografen persönlich, der genau das getan hat: statt der neuen EOS 5DS die Pentax gewählt. An der Canon fehlen im zu viele praktische Lösungen (Wifi zB) sowie die Innovation, die die Pentax für ihn nützlich macht.

      Gruß, Mario

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