Im Hands-on der letzten Woche sprach ich vom Ibelux als einem der Highlights in diesem Jahr. Stimmt auch. Aber es geht sogar noch besser!
Eingefleischte mworkz.net-Leser wissen, dass ich mir viel Zeit genommen habe für den Umstieg von analoger SLR zur digitalen. Erst, als ich das Gefühl hatte, dass mir die DSLR dasselbe bieten konnte, wechselte ich. Menschen, die mich kennen, wissen auch, dass ich sehr sorgfältig bei solchen Entscheidungen bin. Zwischen allen Modellen, zwischen denen ich hätte wählen können entschied ich mich für eine Pentax K20D. Ihr folgte nach teilweisem Pixeltod eine Pentax K7.
Seit dieser Kamera, die ich wirklich geliebt habe, wünschte ich mir (wie tausende andere Fotografen) eine Vollformatkamera von Pentax. Diesen Wunsch hat das Unternehmen bis heute nicht erfüllt. Das gilt bis heute und so stieg ich zu Nikon um. Was Alltagsfotografen nicht wissen ist, dass Pentax das Vollformat überspringt und in der Königsklasse der Kameras aktiv ist. Und mit dem Modell 645Z des Unternehmens durfte ich Hand an die erste Mittelformatkamera mit CMOS-Sensortechnik legen.
Eigenschaften
Kommen wir direkt zum Fazit: Das Hand-anlegen ist ein großartiges und dabei auch erstaunlich unspektakuläres Gefühl.
Verwirrt?
Nagut, dann mal langsam…
Zuerst einmal zum Mittelformat – damit ist vermutlich nicht jeder vertraut. Der Begriff bezieht sich auf die Größe des Bildsensors, der darin verbaut wird. Ihr wisst ja – je größer der Sensor, desto besser die Qualität, desto teurer das Spielzeug. Das war die Kurzversion – wer genau über Sensorgrößen, Kaufentscheidungen und die Auswirkungen auf die Bildqualität Bescheid wissen will, kann meine Artikelserie „APS-C vs. Vollformat“ lesen. Grafisch dargestellt sieht das so aus:
Mit anderen Worten: Die Pentax 645Z spielt in einer ganz anderen Liga als alle anderen Kameraklassen. Ein Vollformatsensor ist im Grunde das größte, was ein normalverdienender Mensch bezahlen kann. Und das ist nur knapp die Hälfte der Größe eines Mittelformatsensors. Sprich: der hat jede Menge Platz für jede Menge Pixel. Im Falle der Pentax sind das auf 44 mal 33 Millimeter Fläche … festhalten … rund 51 Megapixel.
Den meisten Alltagsknipsern fällt bei dieser Zahl die Kinnlade gen Erdmittelpunkt. Aber die Zeiten bringen es mit sich, dass diese Sensorauflösung nicht mehr unvorstellbar ist. Während mich der Umstieg von dem 16 MP-APS-C der Pentax auf eine 36 MP-Vollformat von Nikon fast aus den Socken gehauen hätte, ist das Gefühl von 36 MP zu 51 MP nicht mehr so welterschütternd. Für alle anderen Leute vielleicht schon, darum kann ich leider nicht soviel über das „Fotografiergefühl“ im Zusammenhang mit dem Sensor sagen. Ein bisschen was schon, aber das erfahrt ihr weiter unten.
Fakt ist: die Pentax 645Z spielt in einer Kameraklasse jenseits von gut und böse. Sie ist gedacht für anspruchsvolle Berufsfotografen. Und dennoch bringt dieses ganz spezielle Modell Technik mit sich, die du und ich sehr gut kennen.
Denn bisher nutzte jede digitale Mittelformatkamera CCD-Technik für den Sensor. In der 645Z gibt es erstmals einen Sensor, der die uns allen bekannte CMOS-Technik verwendet. Das bedeutet, dass die Bildqualität einer herkömmlichen Hasselblad H5D vielleicht nicht ganz erreicht wird, die Kamera aber „alltagstauglicher“ wird.
Denn ungewöhnlicherweise übersteigt die Lichtempfindlichkeit des Pentax-Sensors nicht nur ISO 6.400 sondern schwingt sich in extreme Bereiche von bis zu ISO 204.800 hinauf. RAW-Fotos können wie etwa bei der D800 auch in 14 bit erfasst werden, was 16.384 Helligkeitsabstufungen umfasst. Die Verschlusszeit reicht bis 1/4.000 Sekunde, was ebenfalls ungewöhnlich für das Mittelformat ist und die 645Z kann sogar Video. Neben der üblichen Full-HD-Aufnahme umfasst das einen eigenartigen 4K-Modus, der genau 2 Sekunden lang aufzeichnet. Immerhin eine Methode, um aus Actionsequenzen ein hochauflösendes Standbild zu extrahieren.
Außerdem hat Pentax großartigerweise an einen klappbaren Monitor gedacht und überhaupt eine Menge Funktionen hinein gepackt. So etwa Bildstile (Sepia usw.) die keiner braucht, der sich so eine Kamera kauft und einen Mehrfachbelichtungsmodus der eigenartigerweise bis zu 2.000 Bilder übereinander legen kann. Ja gut, äh…warum auch nicht.
Eindruck
Die Pentax 645Z ist brachial in ihrem Erscheinungsbild. Wer annahm, dass eine Canon 1Dx ein großes, fettes Stück ist, sollte mal das Pentax-Baby in der Hand halten. Zwar ist sie „nur“ rund 1,5 Kilogramm schwer, aber enorm wuchtig. Das tollste an der Kamera aber ist: Sie lässt sich so einfach bedienen.
Ganz deutlich spürt man der 645Z die enge DSLR-Verwandschaft an. Wer Pentax-Kameras gewohnt ist, kommt sofort mit dem Mittelformatmonster zurecht. Alle Buttons sind da, wo man es gewohnt ist und nur ein paar neue tauchen auf, deren Existenz man sich kaum erklären kann. Menüführung, Stellräder, Sucher – alles ist so, wie es eigentlich immer sein sollte. Darüber hinaus ist das Handling ein Traum. Durch die ungewöhnliche Form hat man (bei praktisch jeder Mittelformatkamera) einen extrem ausladenden Griffwulst, in den fast die ganze Fingerlänge hinein ragt. Damit liegt der kleine Teufel todsicher in der Hand und man muss keine Angst haben, mal eben zigtausend Euro fallen zu lassen.
Der Hersteller spendiert der 645Z einen weiteren dicken Pentax-Bonus: die Witterungsbeständigkeit. So, wie bei inzwischen allen Pentax-Kameras ist auch die Mittelformat-Lady sehr unempfindlich gegen Staub und Spritzwasser. Damit (und den technischen Fähigkeiten) ergeben sich für Profifotografen ganz neue Einsatzgebiete. Nämlich mit dem Mittelformat draußen und unter harschen Bedingungen zu fotografieren.
Noch etwas zum Fotografiergefühl, wie ich oben ankündigte. Hat man die Kamera vor sich, sagt man sich: „Okay, Schätzchen, komm in meine Arme, ich werde gut für dich sorgen.“ Hat man sie dann in der Hand, sagt man sich: „Okay, alles klar – du wirst nie wieder in deinem Leben so sehr nach Fotograf aussehen, wie jetzt.“ Fotografiert man damit lautet es: „Ohmeingott, ohmeingott, ohmeingott!“ Und während der ganzen Zeit kreischt eine hysterische Stimme im Hinterkopf, die fast ausflippt wegen der monströsen Technik, die man in Händen hält.
Performance
Kurz gesagt: die Pentax 645Z kann eine ganze Menge. Größtenteils reagiert sie genau wie vertraute DSLR-Technik, was toll ist. Sie überflügelt damit klassische Mittelformattechnik in Sachen Lichtempfindlichkeit, Verschlusszeit, Seriengeschwindigkeit (bis 3 Bilder pro Sekunde). Sie lässt sich äußerst schnell handhaben, wirkt kompakt und ist immer bereit.
Jetzt das „Aber“ das interessant ist, für alle, die keinen blassen Dunst von einem Mittelformatsensor haben. Der Schärfentiefeeffekt ist geradezu brutal stark und fordert eine Menge Erfahrung und Fachwissen vom Fotografen. Lasst mich euch das in Erinnerung rufen.
Bei Handykameras habt ihr extrem viel Schärfentiefe – alles im Bild ist von vorn bis hinten scharf. Bei modernen APS-C-Kameras ist der Freistelleffekt schon stärker und bei Vollformatkameras richtig deutlich ausgeprägt, was ein richtig schönes Spiel mit Schärfe und Unschärfe erlaubt. Ein Mittelformatsensor fängt nochmals eine Flugzeugladung mehr Licht ein – wie ein Auge, dessen Pupille die Größe einer CD hat. Und das führt dazu, dass ihr mit äußerst wenig Schärfentiefe zu kämpfen habt.
Ich schreibe bewusst „kämpfen“, denn das Fotografieren ist dann ein ganz anderes. Im Test stand mir eine 50-Millimeter-Optik mit einer maximalen Blende von f2,8 zur Verfügung. Das reicht bereits, um die Wimpern einer fokussierten Pupille unscharf werden zu lassen. Will man einen Menschen schön freistellen, dann darf man kaum unter f8 gehen. Blende 8, okay!? Jetzt habt ihr eine Ahnung davon, was eine Mittelformatkamera alles leisten muss, um unter solchen Bedingungen scharfe Bilder voller Dynamik zu produzieren.
Darüber hinaus ist die schier brachiale Größe der Bilder eine Herausforderung. RAWs sind „nur“ moderate 60 bis 70 MB groß, was für den „Normalfotografen“ schon mindestens das fünffache des Erträglichen ist. Sollte man auf die bescheuerte Idee kommen, in TIFF zu fotografieren, pumpt die Kamera eine einzelne Datei auf über 100 MB Größe. Wielange die Speicherkarten da reichen, könnt ihr euch selbst ausrechnen. Von der Verarbeitungsgeschwindigkeit eures Rechners beim Entwickeln ganz zu schweigen.

Apropos Speicherkarte, hier noch ein schönes Detail am Rande: Die Pentax hat zwei Einschubfächer für SD-Karten. Meinem Testgerät lag außerdem eine sogenannte „FluCard“ bei. Eine 16-GB-Karte mit eingebautem WLAN-Modul. Damit kann man aber nicht nur einfach Bilder übertragen, sondern die Karte ersetzt ein eingebautes WLAN in der Kamera, denn sie kann über die Karte ferngesteuert werden. Einstellen, auslösen, übertragen – das volle Programm.
Eine ziemlich clevere Lösung, denn die Kamera selbst wird dadurch nicht teurer; wer es nicht braucht, kauft es nicht. Aber wer es möchte, kann eine FluCard zum Steuern drin lassen und die RAW-Bilder auf die zweite Karte ballern. Nett.
Fazit
Zugegeben: ich habe in diesem Artikel weniger über die Kamera als solche, sondern vielmehr über das Gefühl mit ihr und dem Mittelformat geschrieben. Ich hoffe, ihr verzeiht mir das, aber ich fand‘ es angebracht, denn vermutlich denkt eh keiner von euch daran, mal eben rund 10.000 Euro für eine neue Kamera auszugeben.
Das ist in dem Segment übrigens fast lächerlich günstig.
Die Pentax 645Z ist allein aufgrund ihres Mittelformats eine der beeindruckendsten Kameras, mit denen ich fotografieren durfte. Ich habe mir zur Feier des Tages direkt ein Model eingeladen – Bilder davon werdet ihr also in der Zukunft hier zu sehen bekommen. Zur Kamera selbst kann ich sagen, dass sie für Fotografen, die vom Vollformat zum Mittelformat aufsteigen wollen, eine verdammt ernstzunehmende Wahl sind. Nicht nur wegen dem attraktiven Preis, sondern auch wegen dem Handling und den technischen Daten, die eine starke Verwandtschaft zur DSLR-Technik haben.
Ja, es sei unbestritten: An die unfassbare Brillanz eines Hasselblad H5D 50-Bilds in 16 Bit Farbtiefe kommt die Pentax nicht ganz heran. Aber eine solche Kamera kann ich auch nicht überall verwenden und die 645Z gibt starke Impulse in die Entwicklung extrem leistungsfähiger Kameratechnik.
Mehr!
- Die Bilder oben in Originalauflösung kann man sich diesmal leider nicht anschauen – die 30 Fotos haben eine Gesamtgröße von fast 1 Gigabyte als entwickelte JPGs.
- Weitere voll aufgelöste Bilder zu meinen Hands On-Berichten sind hier zu finden.
- Mehr Hands on-Berichte selbst zu verschiedensten Kameras und Objektiven gibt es hier.
- Ausgewählte Arbeiten im mworkz.portfolio
Ich hatte davon schon in der FotoHits-Ankündigung gelesen und dachte nur „Geiler Scheiß!“. Cool, dass Du sie hier vorstellst, wenn sie auch mit 8000€ (bzw. 9k mit Objektiv) in einer weit entfernten Liga spielt… Hast Du eigentlich auch die Videofunktion getestet?
Gruß ulli
Haha, genau ulli! Ich kenne sogar einen Fotografen, der sie sich direkt bestellt hat. Aber klar, das ist ne andere Liga und man muss schon dringend Geld mit dem Ding verdienen. Aber ist schon ein heiden Spaß. Video habe ich mir nur kurz angesehen. Standard Full HD Qualität, reine Dreingabe. Die Stärken liegen definitiv bei den Still Images.