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Hands on: Nikon 1 V3

Besser zu spät als nie! Etwas verzögert heute aber nicht verschluckt gibt es meine Eindrücke zur Nikon 1 V3.

Bis noch vor ein/zwei Jahren waren spiegellose Systemkameras lediglich kleinere Varianten von DSLRs. Seitdem haben sie sich technisch entwickelt und können gefühlt in den nächsten zwei Jahren aus eigener Kraft zum Mond fliegen.

Trotzdem ist der eiserne Wille der Menschen, an traditionellem – also DSLRs – festzuhalten, schwer zu brechen. Meiner übrigens auch. Noch immer haben die Hersteller Probleme, den Fotografen klar zu machen, warum sie eine CSC kaufen sollten.

Das ist der Grund, warum sich zunehmend Spezialisten entwickeln. Panasonic baut ultraschnelle 4K-Hybridkameras, Fujifilm baut elegante Geräte mit eigenem Sensor, Samsung baut vernetzte Geräte. Und Nikon will mit der 1-er Reihe kompakte und schnelle Kameras an den Mann und die Frau bringen.

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Eindruck

Ich habe es oben bereits durchblicken lassen: Ich bin kein CSC-Fotograf. Es gibt ein paar Geräte, mit denen ich mich anfreunden könnte aber letztlich brauche ich den optischen Sucher, das zweite Statusdisplay und das griffige Gehäuse meiner SLR. All das hat die Nikon 1 V3 nämlich nicht.

Auf der offiziellen Produktseite ist diese Top-Ansicht der Kamera zu sehen, bei der Nikon allerdings getrickst hat. Hier ist der zusätzliche Akkugriff installiert - daher der wuchtigere und handlichere Griffwulst als ihn die Kamera von sich aus hat.
Auf der offiziellen Produktseite ist diese Top-Ansicht der Kamera zu sehen, bei der Nikon allerdings getrickst hat. Hier ist der zusätzliche Akkugriff installiert – daher der wuchtigere und handlichere Griffwulst als ihn die Kamera von sich aus hat.

Ein Ziel ihrer Mission hat sie damit erfüllt: sie ist extrem kompakt, nicht wesentlich größer als eine Kompaktkamera aber tiefer. Das gibt ganz nebenbei dem Zubehör und den passenden Objektiven einen Niedlichkeitsfaktor. Führt aber auch dazu, dass sie für mittel- und große Hände auf Dauer nicht sonderlich bequem ist. Der Griffwulst ist nett gemeint, fühlt sich aber nur mit Kinderhänden gut an, die lieber einen Lolli halten.

In so einem Gehäuse ist natürlich kein Platz für einen Sucher – den gibt es als Aufstecklösung. Und auch die Einstellräder und Knöpfe drängen sich recht dicht oben rechts. Davon abgesehen jedoch gibt es einen Pluspunkt: Trotz kleinem Gehäuse hat man nicht darauf verzichtet, einen Klappmonitor einzubauen. Das macht vor allem als Kompensation zum fehlenden Sucher Sinn, wenn man sich gegen blendende Sonne wehren will.

Eigenschaften

hands-on_nikon-1-v3_001Canon und Nikon sind dicke, schwerfällige Branchenriesen, die sich für gewöhnlich wenig trauen. Das gilt vor allem für Canon, Nikon ist da noch ein wenig flexibler. Dennoch wird an den Eigenschaften der V3 deutlich, dass sich die 1-er Kameras stark von DSLRs absetzen sollen, um ihnen nicht Konkurrenz zu machen (Inkonsequenterweise macht Nikon Werbung für die CSCs mit „gleiches Feeling wie bei DSLR“).

Jedenfalls klebt im Inneren der V3 ein 1-Zoll-Sensor auf dessen Fläche man feierliche 18 Megapixel eingeladen hat. Ein bisschen weniger hätte es meiner Meinung nach auch getan – vor allem, weil es nochmal ein Geschwindigkeitsplus für die Kamera bedeutet hätte. Aber darüber muss man sich bei der neuen Nikon eigentlich kaum Gedanken machen. Zwar hat man den mechanischen Verschluss bei 1/4.000 Sekunde abgeriegelt (Profi-SLRs schaffen das Doppelte), dafür kann man konsequenterweise den elektronischen Verschluss nutzen und der schafft bis zu 1/16.000 Sekunde.

Befeuert wird die Nikon von einem Expeed 4A-Sensor, der die Leiterbahnen ordentlich zum Glühen bringen kann. Vollaufgelöste Serienbilder brät die Kamera mit 6, 10, 20, 30 oder 60 Bildern pro Sekunde auf die Speicherkarte. Das ist schon verdammt schnell, aber je höher die Frequenz desto kürzer der „Burst“.
Die Anzahl der Fotos pro Sekunde muss man im Menü einstellen, bevor man durchzieht. Ich habe entsprechend 60 Bilder festgelegt und den Auslöser gedrückt. Hat man die Angst überwunden, seine Speicherkarte sinnloserweise mit zig Fotos vollzupumpen, dann hält man tapfer gedrückt, bis die Kamera aufgibt.

Interessanterweise lag die Anzahl der Fotos in drei Fällen bei um die 40. Das weist auf einen eigenartigen und ein wenig ärgerlichen Fakt hin. Natürlich ist die Länge des Burst-Shoots nicht nur vom Prozessor, sondern auch von der Schreibgeschwindigkeit der Karte abhängig. Und hier hat man wieder nicht weit genug gedacht. Denn statt der üblichen SD-Karten schiebt man eine microSD-Karte in die V3 hinein. Natürlich, um das Gehäuse klein zu halten. Doof nur, dass SD-Karten höher (und schneller) entwickelt und günstiger als microSD-Karten sind. Man fummelt sich Geschwindigkeitstechnisch also einen Flaschenhals in die Kamera oder gibt viel Geld für eine sehr schnelle Karte aus, das hätte echt nicht sein müssen. Eine Alternative wäre ein großer Pufferspeicher in der Kamera gewesen, den man erstmal vollhaut, bis auf die Karte geschrieben werden kann. Auch hier Fehlanzeige. Sorry Nikon, dann zieht das Ding richtig durch, wenn ihr ne wirklich schnelle 1er bauen wollt.

Performance

Dennoch – das neue CSC-Flaggschiff von Nikon ist schnell, das kann man nicht bezweifeln. Einen platzenden Luftballon oder den Sprung in den Pool zu fotografieren macht schon Spaß und geht mit der kleinen Kamera.

Was mich dann doch beeindruckt hat, ist die Auslöseverzögerung. Es gibt nämlich keine. Zumindest ist die nicht mehr fühlbar. Die Nikon ist praktisch mit dem Einschalten einsatzbereit und braucht keine Zeit zum Scharfstellen. Sie tut es einfach. Dafür sorgt ein Hybrid-Autofokus mit einer beachtlichen Anzahl von 171 Messfeldern, die erfreulich weit in die Randbereiche hinein ragen.

Diese sehr speziellen Hochleistungen sind für eine kompakte Alltagskamera eigentlich etwas overpowered. Aber wer die V3 an ein starkes Tele schraubt und auf ein Stativ setzt, kann ziemlich komfortabel knüppelscharfe Tieraufnahmen machen, bei denen man nichts verpasst.

Einen kleinen Dämpfer erhält diese Leistung dann durch die Bildqualität. Die ist auf einem ordentlichen Niveau und entspricht dem oberen Ende von 80 Prozent aller Privatbilder. Aber man sieht den Fotos den kleinen Sensor an.
Wer wie ich das „Sehen im Vollformat“ gewohnt ist und mit einer entsprechenden Kamera arbeitet, der findet die V3-Bilder „ein bisschen zu digital“. Schwer, das auszudrücken, aber sie sind nicht so brilliant sondern etwas computerisiert und künstlich. Das ist nicht ungewöhnlich, denn sie werden von einem ein-Zoll-Sensor erfasst, der dick mit MP bepackt ist und bei dem ab ISO 800 schon ein ganz leichtes Rauschen zu erahnen ist. Und deshalb schrieb ich oben: weniger MP hätten es auch getan. Schade – echte Chance verpasst.

Fazit

Ja, die Nikon 1 V3 ist schon nett. Wer eine handliche Kamera zu Sport-Events oder Kindergeburtstagen mitnehmen will, zieht aus ihr echte Vorteile. Ein bisschen haftet ihr aber auch der Makel der Konkurrenzgefahr an. Um sich selbst nicht die Käufer wegzunehmen, hat Nikon kleinere Dämpfer integriert, die aus der neuen Kamera eine sehr gute machen, sie aber nicht die sein lassen, die sie hätte sein können.

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Mehr!

  • Die Bilder oben in Originalauflösung kann man sich hier anschauen.
  • Weitere voll aufgelöste Bilder zu meinen Hands On-Berichten sind hier zu finden.
  • Mehr Hands on-Berichte selbst zu verschiedensten Kameras und Objektiven gibt es hier.

4 Gedanken zu „Hands on: Nikon 1 V3“

    1. Hi Uli!

      Ja, zugegeben, ich hatte da auch eine nicht besonders schnelle Karte für mein Smartphone drin – da ist mir die Geschwindigkeit egal.

      Zumindest bis jetzt noch gelingt es, die Technik der SD-Karten auch problemlos in microSD zu integrieren. Aktuell gibt es da UHS-Klasse-3-Karten, die bis zu 240 MB pro Sekunde schreiben können.

      Die 60 Bilder pro Sekunde schießt die Nikon nicht in RAW, wenn ich mich recht erinnere. Also erzeugt sie keine rund 1 GB, sondern „nur“ bis zu 480 MB pro Sekunde. Trotzdem irgendwie zuviel …

      Gruß, ml

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