Vor zwei Tagen sprach ich das Thema an, wie man seine Notizen, Aufgaben und Termine digital organisieren kann. Als einen Internet-basierten Dienst ging ich dabei auf Springpad ein, aber das ist nicht der Platzhirsch unter den Diensten, sondern da gibt es natürlich noch mehr. Entsprechend geht es heute um einen weiteren Mitbewerber in Sachen „stay organized“.
Evernote
Zu Evernote bin ich gekommen, noch bevor der Dienst in der Cloud gehostet wurde, es also noch ein reines Desktop-Programm war. Seit dem hat sich die Funktion kaum verändert; Evernote ist der pure Zettelkasten. Allerdings setzte man schon immer auf die Besonderheiten, Freihand-Notizen erstellen zu können und eine OCR-Technologie, welche Text in Bildern erkennen kann.
Pro
Ein Killer-Argument für den Dienst dürfte die Verbreitung von Clients für die verschiedensten Plattformen sein. So gibt es Programme für den PC, Apple-Hardware, Android und Blackberry und weitere Smartphone-Systeme. Selbstverständlich lassen sich deren Inhalte alle mit der zentralen Datenbank abgleichen.
Die Weboberfläche ist nicht so bunt und abwechslungsreich wie bei Springpad, sondern kommt eher in einem professionellen Look daher. Zeilen und Spalten dominieren und der Aufbau erinnert an ein Mailprogramm mit Vorschau eines Elementes. Ansonsten ist die Oberfläche recht schnell und unterstützt Drag&Drop.
Zum Erfassen von Elementen steht also die Weboberfläche und der jeweilige Client zur Verfügung, um Notizen zu erfassen. Daneben gibt es noch einen Web-Clipper (Firefox, Safari, Chrome), der sich als Erweiterung in den Browser integriert und einen Desktop-Clipper, der zum Beispiel zur Windows-Anwendung gehört. Damit lässt sich flott ein Bildschirmbereich knipsen und an die Datenbank senden.
Der Webclipper ist einer der schnellsten unter den Konkurrenten. Minimal gehalten und flotter und stabiler als bei Springpad. Je nachdem, was die Erweiterung auf der Seite erkennt, lässt sich eine Vorauswahl treffen, was man ablegen will: die ganze Seite, ein Artikel oder nur eine Adresse als Lesezeichen. Genauso wie bei Springpad lassen sich über die Erweiterung auch die vorhandenen Notizen durchsuchen.
Erstellt man Notizen mit dem integrierten Editor hat man recht viele Formatierungsmöglichkeiten. Zumindest mehr als bei Springpad, wo man nur auf rudimentäres Texte verfassen setzt. In Evernote lassen sich so bequemer auch längere Texte anlegen und strukturieren.
Dazu kann man auch unterschiedliche Medientypen an die Notizen anhängen. Dokumente, Bilder oder Office-Dateien sind alles kein Problem. Eine sehr nette Geschichte ist das Ablegen von Artikeln aus dem Netz. Springpad schießt dazu einen Screenshot und legt ein Lesezeichen an; Evernote dagegen bildet den Artikel 1:1 ab, nimmt die Bilder mit und behält die ursprüngliche Formatierung.
Von Natur aus ist Evernote wie gesagt ein reiner Zettelkasten, in dem ich meine Notizen ablegen kann. Die zahlreichen Medientypen von Springpad wie Rezepte, Bücher, Aufgaben oder Termine werden nativ nicht unterstützt. Dafür gibt es jedoch inzwischen eine Galerie an Erweiterungen, wo ich Evernote mit zusätzlichen Apps füttern kann.
Kontra
Notizen lassen sich nicht in verschiedenen Notizbüchern gleichzeitig ablegen. Dafür lassen sich die Notizbücher jedoch verschachteln. Entweder ich komme damit zurecht oder ich muss mich entscheiden, in welches Notizbuch mein Element am Besten passt, auch, wenn man es in mehrere packen könnte.
In der Grundversion ist Evernote kostenlos und damit lässt sich schon einiges anfangen. Es gibt jedoch ein Kontingent von 40MB monatlich, welches hauptsächlich durch die Synchronisation mit den verschiedenen Clients abgezapft wird. Für reine Textnotizen oder Lesezeichen reicht das Dicke, doch legt man sich gerne mal ganze Artikel aus dem Netz ab, weil man sie später nochmal in Ruhe lesen möchte, sind die 40MB schnell aufgebraucht.
Was ebenfalls ein bisschen fehlt, ist die Integration mit anderen Diensten. Notizen kann ich über Facebook teilen, doch es gibt leider keine Integration des Google Kalenders wie bei Springpad oder eine Email-Benachrichtigung bei Terminen. Ist allerdings im Moment auch nicht wirklich nötig, denn effektiv kann ich ohnehin keine Termine oder Aufgaben anlegen. Sowas kommt hoffentlich noch.
Benutzt man Evernote in der kostenlosen Variante, wird in der Weboberfläche und den Clients Werbung eingeblendet. Die ist sogar recht zurückhaltend und stört nicht sehr, allerdings gelangt man so auch immer wieder mal auf einen Button, den ich erst benutzen kann, wenn ich auf Premium wechsele.
Für Lesezeichen-Verwalter, die bisher einen anderen Dienst dazu benutzt haben, wird der Umstieg schwierig. Springpad importiert z.B. die Lesezeichen automatisch von Delicious und legt für jedes ein neues Element an. Das kann Evernote nicht; weder die Einteilung in einzelne Elemente, noch ein automatischer Import.
Fazit
Wer sich eine große und schnell zu managende Datenbank an Notizen anlegen will, liegt bei Evernote richtig. Der Dienst konzentriert sich auf das Wesentliche und ist wenig interessiert an Schnickschnack. Allerdings führt das auch dazu, dass ein paar praktische Anwendungsgebiete baden gehen: zum Beispiel die Verwaltung von Aufgaben und Terminen.
Super ist die Geschwindigkeit des Dienstes und das Angebot an Clients; richtig gut nutzen kann man das jedoch erst mit einem bezahlten Abo, denn die 40MB Traffic-Volumen gibt es unverändert seit Start des Internet-Angebots und sind ein wenig outdated.
Update vom 19.03.2013: Evernote hat das Traffic-Volumen auf 60MB angehoben. Ist mir nicht aufgefallen, weil mir als Nicht-Power-User das vollkommen ausreicht. Die Upgrade-Preise sind auch moderater geworden. Für 40 Euro pro Jahr gibt es Zusatzfeatures und mehr Traffic.